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Gedichte aus dem Neckartal

Momir Migov Delibašić

Ein Brief

 

Herr:

der du alle Sprachen sprichst,

lehre sie,

daß sie meine Name aussprechen

 

erlöse ihn von diesem Schicksal,

von Einsamkeit,

Unglück und Elend.

 

löse ihnen die Zunge

wie nur du es kannst un vermagst

- durch Keilschrift,

- durch Hieroglyphen

- durch Algebra

sie sollen zu Begreifendes begreifen

nichts weiter

 

denn

furchtbar sind, oh Herr,

die Qualen unter unwissenden:

wenn nötig gib den Urschrei zurück

im Schlund 

daß sie ihn reinigen,

um unseren Namen auszusprechen.

 

Hiroschima und Nagasaki

 

Das, was war,

war vor uns,

es dauert an wie die düstere Bitternis des Tages,

die Tore der Hölle haben sich geöffnet:

 

irgendjemand hat die Güte des Feuers mißbraucht,

das gelbe Licht hat er erfunden,

das Feld zu ernten, hat er die Horizonte entzündet

und die Häauser mit schönen Ammeen:

 

der Durst kommt von dort, aus dem Reich des Leidens,

aber das war schon längst, das war gestern:

irgendjemand hat vergessen,

die Höllentore zu schließen.

 

Requiem

 

 

Einst sah ich das Entsetzen in den Augen des Hirsches

als er verwundert am Abhang stehen blieb:

ich sah auch das Entsetzen in den Augen der Jäger

als der Hirsch sich entfernte

mit einem Rest Leben

und einem Fünkchen Hoffnung.

 

Autorisierte Überstzung: ELENA DROZDIK

 

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